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Entwicklung der Demokratie - da gibt es noch viel zu tun.

 

Bürger- beteiligung  ist mehr,  als nur Wählen.

 

Was die Bürger wollen -   ist unser  Programm.


UnDEMOKRATIE

UnDemokratie in der Europäischen  Union

 

Kommentar der Bürgervereinigungn FBO

Die Defizite der Demokratie sind auch in der EU sichbar. Nur 2 Millionen Iren ist es in der Gesamt-EU von 500 Millionen Einwohnern erlaubt, über die überarbeite EU-Verfassung abzustimmen. Den Franzosen und den Holländern, die vor zwei Jahren noch mit NEIN gestimmt hatten, wird jetzt ebenfalls die Abstimmung verwehrt. Und dann gibt es Stimmen, die abschätzig die Stimmen der Iren als kleine Minderheit bezeichnen. Diese Ignoranten gehen still- schweigend davon aus, daß  500 Millionen Einwohner der restlichen EU mit JA gestimmt hätten. Das ist leider nicht so, 500 Millionen EU-Bürger wird nicht gestattet sich zu äußern. Auch da maßen sich die Repräsentanten, die Vertreter der Völker an, allein über die 500 Millionen EU-Bürger zu bestimmen. Das wird die EU in eine schwere Krise bringen, wenn nicht sogar zerstören. Die Idee der Demokratie läßt sich so nicht mißbrauchen.

 

Ein Artikel  in “Mehr Demokratie” 

Freitag, der 13.: Ein gutes Datum für die  Demokratie

Freitag, der 13. Juni 2008: Tag der Auszählung in Irland.  Zunächst deutete alles auf einen Sieg des Ja-Lagers hin. Gleich am Morgen begannen die Wettbüros damit, denjenigen ihre Gewinne auszuzahlen, die auf ein Ja gesetzt hatten. Doch schon bald erkannten die Buchmacher ihren teuren Fehler:  Denn immer mehr Quellen meldeten, dass die Mehrheit mit Nein gestimmt hat.

Die Mehrheit sagt Nein

Am Ende hatte eine deutliche Mehrheit den Vertrag von Lissabon abgelehnt: 53,4 Prozent der Wähler stimmten mit Nein. Nur zehn von insgesamt 43 Wahlkreisen votierten mehrheitlich mit Ja.

Wieso haben die Iren diesen Vertrag abgelehnt, obwohl doch fast alle Spitzenpolitiker geschlossen für den Vertrag von Lissabon geworben haben? In einer vor der Abstimmung veröffentlichten Umfrage der Irish  Times nennen die "Neinsager" ihre vier wichtigsten Gründe für das Nein:

  • 30 Prozent von ihnen sagten sie wollen mit Nein stimmen, da  sie den Vertrag nicht verstehen;
  • 24 Prozent wollen Irlands Macht und Souveränität erhalten
  • 22 Prozent fürchten um die Neutralität ihres Landes und
  • 17 Prozent mögen es nicht, zu einem Ja gedrängt zu werden.

   Politelite: Drohungen statt Argumenten

Ist das irische Establishment auf diese Ängste eingegangen?  Ganz sicher nicht in ausreichender Weise. Sowohl Regierungschef Brian Cowen als auch EU- Kommissar Charlie McCreevy gaben zu, den Vertrag nicht gelesen zu haben. McCreevy meinte sogar, das "kein vernünftiger Mensch" sich die Mühe machen würde, den komplizierten Text von Anfang bis Ende zu lesen. Selbst die Referendumskommission kam ins Stolpern. Deren Leiter Richter Iarfhlaith O'Neill  tat sich sehr schwer, als er im Fernsehen live Vertragsinhalte erläutern sollte;  er konnte Detailfragen nicht vollständig beantworten. Die Referendums- kommission ist ein neutrales Gremium, eingesetzt um die Wähler zum Abstimmen zu motivieren  und den Vertrag zu erklären.

Da die Argumente fehlten (Wie soll man auch sachlich für einen Vertrag argumentieren, den man nicht gelesen hat?) versuchte das Ja-Lager mit  Einschüchterungen, die Wähler zu gewinnen. Der ehemalige Regierungschef Garret FitzGerald warnte, Irland werde bei Nichtunterzeichnung zum "Paria Europas"; der  aktuelle Premier Cowen drohte vertragskritischen Parteimitgliedern mit  Ausschluss. Und auch die "Freunde" aus der EU halfen mit, eine Drohkulisse  aufzubauen. Kommissionspräsident Barroso drohte ominös mit einem "Preis", den  Irland zu zahlen habe, wenn es den Vertrag ablehne. Andere wurden noch  deutlicher. Daniel Cohn-Bendit, Europaabgeordneter der Grünen, drohte ein  unwilliges Irland aus der EU zu verweisen; Frankreichs Außenminister Kouchner  warnte zwei Tage vor der Abstimmung die Iren, ihr Land wäre das erste, das unter  einer Ablehnung des Vertrags leiden würde.

       Vertragsgegner jubeln - Befürworter ratlos

Doch die Kampagne der Desinformation und Einschüchterung ging  nicht auf. Die Iren blieben standhaft. Am Tag nach der Wahl mussten die Vertragsbefürworter noch vor dem Ende der offiziellen Auszählung ihre Niederlage eingestehen. Die Gegner dagegen jubelten. Patricia McKenna, ehemalige  Europaabgeordnete der irischen Grünen, feierte “einen großen Tag für den Bürger,  die Stimme des Volkes." Joe Higgins, ehemaliger Parlamentarier und Chef der kleinen Socialist Party, sprach von einem Sieg für die Rechte der Arbeiter, und forderte dazu auf “den undemokratischen Vertrag ... nun  vollständig vom Tisch zunehmen".

Doch wie reagiert nun die EU, nachdem man wochenlange bekundet hatte es gäbe keinen Plan B im Falle eines irischen Neins? Von einem Ausschluss Irlands ist zunächst keine Rede mehr - da dies auch faktisch unmöglich wäre. Stattdessen forderten Frankreichs Präsident Sarkozy und Bundeskanzlerin Merkel,  die Ratifizierung in den anderen Staaten müsse weitergehen. Der Chef der  Sozialdemokraten im EU-Parlament, Martin Schulz, befürchtet einen "tiefen Bruch" der durch Europa geht. Er schlägt ein Kerneuropa vor, das aus den Staaten  besteht, die die Verfassung wirklich wollen, alle anderen bestehenden Verträge sollen aufgekündigt werden.

Demokratischer Verfassungskonvent als Lösung

Ganz anders dagegen der Vorschlag von Thomas Rupp, von der European Referendum Campaign, der vor Ort in Irland das Referendum in  Irland begleitet hat. Nachdem nicht nur die Franzosen und Holländer, sondern nun  auch die Iren die EU-Verfassung abgelehnt haben, soll die EU nun endlich "die Bürger ins Boot holen." Ein von den Bürgern direkt gewählter Konvent, wie er von Mehr Demokratie e.V. gefordert wird, wäre die einzig mögliche Lösung, um über die Zukunft Europas zu entscheiden.

 

 

 

Stern: Gerald Häfner, Vorstandssprecher von Mehr Demokratie e.V. im Interview vom 14. Juni 2008. Thema: EU-Reform

Zur Person

Gerald Häfner ist Vorstandssprecher der Initiative "Mehr Demokratie!" Der überparteiliche Verein mit rund 4.500 Mitgliedern setzt sich seit 1988 für Volksabstimmungen in Kommunen, Ländern, im Bund und in der EU ein.

"Ein groteskes, absurdes Verfahren"

  • Gerald Häfner kritisiert das Abstimmungskonzept des  EU-Vertrags

Die Iren haben mit dem Nein zum neuen  EU-Vertrag die Europäische Union in eine neue schwere Krise gestürzt. Selbst  schuld, sagt Gerald Häfner, Vorstandssprecher des für Volksabstimmungen  streitenden Vereins "Mehr Demokratie!" Im stern.de-Interview erklärt er, wie sich der europäische Scherbenhaufen zusammenfegen lässt.

Herr Häfner, das EU-Vertrags-Referendum in Irland ist gescheitert - ist das  ein guter oder ein schlechter Tag für Europa?

Beides. Auf den ersten Blick ist es natürlich ein schlechter Tag, weil das große gemeinsame Projekt Europa  ins Stocken gerät. Letztlich aber und auf lange Sicht wird es sich als ein guter Tag erweisen, weil darin für Europa eine große Chance liegt. Allerdings nur,  wenn man die Konsequenzen aus der Abstimmung in Irland zieht und Europa nun endlich demokratischer gestaltet.

Mit dem Nein entscheiden weniger als ein Prozent der EU-Bürger über das  Schicksal der gut 490 Millionen anderen. Außerdem wird die Entscheidung von  inzwischen 18 Landesparlamenten für den Vertrag hinfällig. Wie demokratisch ist das noch?

Das ist tatsächlich ein absurdes, groteskes Verfahren. Das liegt aber daran, dass die Staats- und Regierungschefs nicht bereit waren, ein  demokratisches Verfahren zu wählen, das allen Europäern die Mitwirkung an diesem  Grundlagenvertrag ermöglicht. Wäre es nach ihnen gegangen, hätte man die Bürger komplett umgangen. Nur in Irland konnte man das Referendum nicht verhindern,  weil die irische Verfassung einen Volksentscheid gebietet.

Das ist zuviel verlangt?

Eindeutig ja! Der Text war einfach nicht aus sich selbst heraus verständlich. Für einen so grundlegenden Vertrag, der eine neue Basis für die Europäische Union darstellt, ist das wirklich nicht  angemessen.

Die EU-Politiker sind also eigentlich selbst schuld an dem Abstimmungsergebnis in Irland?

Ich fürchte, ja. Sie haben die Bürger  verloren. Sie machen Politik ohne den Souverän, die Bürger. Sie müssen aus diesem Nein endlich lernen, dass die Bürger der Souverän sind. Sie müssen die EU  transparenter, demokratischer, bürgernäher und bürgerfreundlicher gestalten.

Kann das denn überhaupt klappen?

Die Mehrheit ist nicht gegen Europa. Aber sie empfinden es als bürokratisch, zentralistisch und sehr weit von ihnen weg. Und vor allem: Sie müssen die EU-Entscheidungen einhalten, haben aber  selbst keinen wirklichen Einfluss auf das, was geschieht. Das ärgert sie - und das führt dazu, dass die Bürger der Europäischen Union einen Schuss vor den Bug  geben, wenn man sie denn mal beteiligt.

Wie soll das anders werden?

Jetzt muss man begreifen, was man eigentlich schon vor zwei oder drei Jahren hätte begreifen können: Die Staats- und  Regierungschefs sind ungeeignet, die Frage zu beantworten, wie der Vertrag für  ein demokratisches Europa aussehen soll.

Warum?

Allein schon wegen der Gewaltenteilung. Das wissen wir eigentlich  seit 200 Jahren: Die, die gegenwärtig die Macht ausüben, sind völlig inkompetent  in der Frage, wie diese Macht geregelt werden soll. Sie können nicht selbst entscheiden, wo ihre Aufgaben und ihre Grenzen sind und wie sie kontrolliert werden sollen. Diese Frage kann nur von den Bürgern entschieden werden.

Die Iren scheinen besonders widerborstig zu sein, schon 2001 stimmten sie  zunächst gegen den Vertrag von Nizza. Sind die Iren die letzten, die die Demokratie hochhalten in Europa?

Der vorherige EU-Verfassungsvertrag ist ja auch in Frankreich und den Niederlanden in Volksabstimmungen gescheitert. Insofern sind die Iren nicht die einzigen, die kritisch sind, nur die einzigen, die entscheiden konnten. Mir scheint allerdings der Vertrag selbst, den man hier  präsentiert hat, schon die extreme Unlust zu zeigen, sich den Bürgern zu  stellen.

Warum das?

Der Vertrag war außerordentlich unverständlich. Das alleine  trägt schon nicht dazu bei, dass die Bürger die Kerngedanken dieses Vertrages  verstehen und unterstützen.

Sehr viele Wähler und sogar irische Politiker haben vor der Abstimmung gesagt, sie hätten den Vertrag überhaupt nicht gelesen oder nicht verstanden.  Dann ist so eine Abstimmung doch eigentlich ein Witz, oder?

Der Vertrag war  tatsächlich unlesbar, und zwar selbst für Politiker, Juristen und Fachleute. Man hat nämlich nicht wie zuvor beim Verfassungsvertrag einen einheitlichen  Vertragstext vorgelegt, sondern man hat einen Text vorgelegt, in dem stand: In  Paragraf soundso wird Absatz eins ersetzt durch ..." Man musste sich also den  Ursprungsvertrag rausholen, musste verschiedene Texte nebeneinander legen, um zu verstehen, was die Veränderung überhaupt bedeutet.

Wie soll das geschehen?

Was wir brauchen, ist ein demokratisch von den Bürgern gewählter Konvent, also nicht ein von Institutionen eingesetzter. Dieser  Konvent erhält von den Bürgern den Auftrag, eine Verfassung oder einen  Grundlagenvertrag auszuarbeiten. Dafür muss er genügend Zeit bekommen und auch tatsächlich frei über seinen Entwurf bestimmen können. Das war beim  Verfassungs- Konvent 2003 nicht so. Am Schluss steht ein Entwurf, der in ganz Europa intensiv öffentlich diskutiert werden kann. Anschließend wird er dann in Volksabstimmungen in allen europäischen Mitgliedstaaten den Bürgern vorgelegt.

Das ist die einzige Rettung für die EU?

Es gibt keine Alternative. Europa braucht die Bürger, braucht ihre Zustimmung. Ein Europa ohne Bürger wird  auf Dauer keinen Erfolg haben. Im Zeitalter der Demokratie kann man so etwas nicht hinter dem Rücken der Bürger gestalten. Zum Glück, übrigens!

Gibt es für die Bundesregierung oder den Deutschen Bundestag jetzt noch  etwas zu tun?

Ja, natürlich. Man darf nicht die Scherben herumliegen lassen. Man muss sie zusammenkehren und so schnell wie möglichen einen neuen Vorschlag  machen. Deutschland war damals das Land, das diesen Konventsprozess  vorgeschlagen hat. Das war sinnvoll, blieb aber stecken. Deutschland könnte  jetzt zusammen mit Frankreich einen Vorschlag machen, wie man aus dem Schlamassel herauskommt - durch Ernstnehmen und Beteiligen der Bürger von Anfang an.

Wie groß sind denn die Chancen, dass Deutschland diese Initiative  ergreift?

Im Moment noch sehr gering. Das liegt auch daran, dass niemand ein Nein in Irland ins Kalkül gezogen hat. Europa funktioniert seit langem immer nach der Methode "Basta! Augen zu und durch!" Immer wenn ich nach einem Plan für  den Fall des Scheiterns gefragt habe, wurde mir gesagt, es gebe keinen, weil man nicht mit einer Ablehnung rechne. Das war weder klug noch  verantwortungsvoll.

Geht die große Idee Europa gerade unter?

Ich glaube nicht. Aber sie durchläuft seit Jahren eine sehr tiefe Krise. Diese ist durch das Nein in Irland nur noch offensichtlicher geworden. Europa ist ein Projekt, das von Eliten  gestartet wurde und nicht die Kurve gekriegt hat, demokratisch zu werden. Das  wäre aber nötig, weil Europa heute längst den größeren Teil der Entscheidungen trifft, die unser Leben betreffen. Deshalb muss es demokratisch gestaltet werden. Anderenfalls wäre die fortschreitende Europäisierung der Politik gleichbedeutend mit dem Abschied von der Demokratie. Das darf nicht sein.

Interview: Marcus Müller

 

 

Alle Bürger müssen abstimmen

    Stern Artikel vom 13. Juni 2008


Europa in Bedrängnis: Die Iren haben die Krise der EU noch vertieft


Ein Kommentar von Johannes Röhrig

Die Iren haben den jüngsten EU-Vertrag gekippt. Kein Wunder, denn der Vertrag ist eine komplizierte Bedienungsanleitung, der fast an den EU-Bürgern vorbeigemogelt worden wäre. So kann es nicht weitergehen. Jetzt  müssen alle Bürger über die Zukunft der EU abstimmen. An einem Tag. Direkt.

Non, Nee, No! Frankreich, Holland, Irland. Drei mal  durfte die Bevölkerung eines Landes über die Grundpfeiler der Europäischen Union  abstimmen, und drei Mal hieß ihre Antwort "Nein". Wo immer man die Menschen nach  ihrer Meinung fragt, stößt die EU auf Ablehnung. Das ist eine bittere Lektion. So kann es nicht weitergehen.

Blutleeres Projekt im Brüsseler EU-Sprech

Bislang hatten die Regierungen die Krise der Gemeinschaft mit Tricks und Sonntagsreden beiseite zu wischen  versucht. Nachdem 2005 eine Mehrheit von Franzosen und Holländern die damals  vorliegende EU-Verfassung abgelehnt hatte, wurde das Projekt in Reformvertrag  umgetauft, der nur noch in Irland zur Volksabstimmung kommen musste. Angesichts  einer wachsenden Zahl von Mitgliedsländern soll der Vertrag die  Entscheidungsfindung in der Union effizienter machen. Das ist nötig, denn es fehlte an geeignetem Rüstzeug, wie 27 Länder in Zukunft miteinander klar kommen können. Der 287 Seiten dicke Reformvertrag geriet allerdings zu einer technischen Bedienungsanleitung, verfasst im Brüsseler Bürokratensprech. Die  Blutleere des Vorhabens trägt sicher eine Mitschuld an seinem Scheitern.

Die Quittung für eine scheinheilige Politik in Dublin

Jedoch ist das längst nicht der einzige Grund für das Desaster: Zu denken geben muss, dass ausgerechnet die Iren - ein Volk, das der EU wie kein zweites Prosperität zu verdanken hat - die Reform gekippt haben. Die Regierung in Dublin bekam so die  Quittung für eine scheinheilige Politik, in der Erfolge traditionell als Verdienst des jeweiligen Premiers herausstellt werden, Misserfolge aber Brüssel zugeschoben werden. Plötzlich forderte das Establishment EU-Treue von den Bürgern; das musste schief gehen. In den anderen EU-Ländern läuft das genauso.  Das weckt bei den Menschen auf Dauer Verdruss und Misstrauen. Mit der Folge,  dass die meisten heute reflexartig den Euro haftbar machen, wenn in der Kneipe  das Bier teurer wird - und nicht den Wirt oder den Steuer eintreibenden Staat.  Die Bürger bekommen das fade Gefühl, der Europapolitik ohnmächtig ausgeliefert  zu sein. Die Iren haben diesem Unbehagen Luft gemacht.

Europa leidet nach wie vor am Demokratiedefizit

Einige Politiker forderten schon im Vorfeld des Referendums eine Wiederholung der Prozedur,  sollte Irland den EU-Vertrag ablehnen. Die Idee, die Menschen so lange abstimmen  zu lassen, bis das gewünschte Ergebnis herauskommt, ist nicht nur krude. Der Gedanke offenbart den eigentlichen Grund für die Krise der EU: ein Defizit an Demokratie. In der Europäischen Union sind die Machtpositionen ungleich verteilt: Bürokratie und Regierungen geben den Ton an; das Parlament sitzt oft  am Katzentisch. Viele Entscheidungen werden von den Mitgliedsländern hinter geschlossenen Türen ausgehandelt. Auch bei der Besetzung der Spitzenposten ist  das so: ein portugiesischer Kompromisskandidat führt heute die Kommission an, ein Spanier kümmert sich um die Außenpolitik, ein Franzose ist dafür oberster  Währungshüter. Alles schön austariert. Für das im Reformvertrag geschaffene neue Amt des Full-Time-Ratspräsidenten läuft sich bereits der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude  Juncker warm. Das darf er, weil aus Berlin und Paris das Signal ertönt, mit  dem Konservativen Juncker ganz gut leben zu können.

Richtig wäre ein EU-weites Referendum

Der Mangel an Demokratie zeigt sich paradoxerweise auch bei dem Referendum in Irland. Weil kein anderes EU-Land seinen Bürgern eine Stimme gab, entscheiden jetzt weniger als zwei Millionen Iren, die zur Wahl gingen, über den Kurs für 500 Millionen Menschen in der Union. Richtig wäre ein EU-weites Referendum zum Reformvertrag gewesen - eine  Abstimmung in 27 Ländern am selben Tag. Wenn sich die Regierungen nicht endlich  trauen, auch die Menschen mitreden zu lassen, bleibt Europa den meisten weiter  fern.